Für viele ausländische Studierende ist Deutschland ein Land der großen Möglichkeiten. Voraussetzung: Sie werden in die Gesellschaft integriert. Der Nigerianer Tomiwa Japhet Adeyemo (33) studiert seit einigen Monaten interkulturelle Germanistik und ist zurzeit Praktikant bei der Kommunikationsagentur WMP. Er ist Mitglied im Ring Christlich-Demokratischer Studenten. Hier erzählt er, wie er Deutschland erlebt – und was ihn besonders überrascht hat.
Von Tomiwa Japhet Adeyemo
Meine Freunde hatten mich gewarnt: „Du willst in Deutschland Germanistik studieren – du wirst dich noch wundern, was du da alles erlebst – es wird dir nicht gefallen.“
Mein Heimatland ist Nigeria, ich habe ein Germanistik-Stipendium bekommen und wollte unbedingt das Land kennenlernen, dessen Sprachen ich studieren durfte. Und nun diese Warnung meiner Freunde. Ich hatte gleichzeitig eine weitere Stipendienförderung an der University of Arizona. Ich hätte auch in die USA gehen können, um zu studieren.
Wovor warnten mich meine Freunde? Ein Wort fasst es zusammen: Fremdenfeindlichkeit. Sie nannten drei Beispiele: In Deutschland kannst du als Afrikaner nicht zum Friseur gehen. Sie nehmen dich nicht. Zweitens: Du kriegst nie eine Wohnung. Und drittens: ein eigenes Bankkonto – das kannst du vergessen. Ich ließ mich nicht abschrecken. Ich wollte es genau wissen. Und machte den Selbsttest: Wie ist Deutschland wirklich?
Am Hamburger Flughafen kam ich mit drei großen Taschen an und meiner Gitarre. Ich stand vor einer Treppe und wusste noch nicht, dass es überall Aufzüge gibt. Wie kriege ich bloß meine Koffer runter, fragte ich mich ängstlich. Alle Koffer auf einmal schaffe ich nicht. Wenn ich zweimal gehe, werden die zurückgelassenen Gepäckstücke vielleicht geklaut. Helfen wird dir hier keiner, dachte ich mir. Wir sind in Deutschland. Plötzlich aber stand eine Frau neben mir, Mitte Dreißig und fragte freundlich: „Kann ich Ihnen helfen?“ Ich war verblüfft und sagte: Aber Ja! Gemeinsam schleppten wir die Koffer. Als wir unten waren, dachte ich: Womöglich ist diese unbekannte Frau typisch für Deutschland und nicht das, was ich bisher gehört hatte.
Auch in den nächsten Monaten zeigte sich: die Warnungen meiner Freunde waren überflüssig. Beim Friseur zum Beispiel bekam ich sofort einen Termin. Er frage ganz erstaunt: Ja, warum denn nicht? Am Bankschalter hatte ich in wenigen Minuten ein eigenes Konto. Und die Wohnung? Da hatte ich Glück. Ich lernte einen jungen Mann kennen, der Wohnungen an Deutsche und an Ausländer vermietet. Die Herkunft ist ihm egal. Weil ich Deutsch, Englisch und Französisch und ein bisschen Chinesisch kann, nahm er mich. So konnte ich ihm helfen, mit den anderen Mieter zu kommunizieren.
Inzwischen bin ich länger als ein Jahr in Deutschland. Ich bin Praktikant bei der Kommunikationsagentur WMP in Berlin geworden. Ich lerne viel. Nach ein paar Wochen darf ich sagen: Als afrikanischer Student in Deutschland habe ich fast nur positive Erfahrungen gemacht. Die Leute haben mich wirklich mit offenen Armen aufgenommen, so empfinde ich es jedenfalls. Ich habe als gläubiger Christ auch deutsche Freunde gefunden.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich für den warmherzigen Empfang und die freundliche Anteilnahme an meinem Leben zu bedanken. Ich berichte meinen Freunden in der Heimat, dass sie lauter Vorurteilen aufgesessen sind: In Deutschland ist jeder frei zu sagen und zu tun, was er will. Wer krank ist oder einen Unfall hat, findet schnell Hilfe. Wer Hunger hat, der wird versorgt. Wer etwas lernen will, findet immer eine Möglichkeit. Und wer arbeiten will, findet eine Arbeit. Das alles ist nicht selbstverständlich in meiner Heimat Nigeria, die ich sehr liebe. Hier in Deutschland habe ich zugleich gefunden, wovon viele meiner Landsleute träumen. Ich kann hier studieren und einen Abschluss machen. Und ich kann nach Hause zurückkehren, wann ich will.
Danke liebes Deutschland.